Save your Kiez – fight Amazon – Demobericht

Bericht über die „Save your Kiez – fight Amazon“ Demonstration am 22.02.2020.

Unter dem Motto „Save your Kiez – fight amazon“ protestierten vergangenen Samstag 500-800 Menschen gegen den geplanten Amazon-Tower in Friedrichshain. . Das höchste Haus Berlins befindet sich bereits im Bau und soll als Amazon-Zentrale genutzt werden. Die vielschichtige und vielstimmige Kritik daran drückte sich in einer Vielfalt an Transparenten, Schildern, Sprechchören und Redebeiträgen aus. Aufgerufen hatten verschiedene Gruppen, darunter u.a. Berlin vs. Amazon, Tech Workers Coalition, Kiezkommune Friedrichshain und die Initiative RAW.Kulturensemble.

Ab 14 Uhr sammelte sich eine bunte Mischung aus Interessierten am Frankfurter Tor. Den Start der Demonstration verzögerte die Polizei. zunächst durch eine übergenaue technische, Sie spielte TÜV und überprüfte den Überprüfung des Lautsprecherwagen, ganz genau überprüfte, bis hin zum Motor sowie Demoschilder, Transperente und Flyer. Diese Zeit wurde für einige interessante Redebeiträge genutzt. Erst danach konnte die Kundgebung beginnen. Den Auftakt machte die Initiative „Berlin vs. Amazon“. Sie warnte vor den Auswirkungen einer Ansiedlung Amazons auf Friedrichshain & Berlin: Steigende Mieten bzw. Immobilienpreise, Verdrängung von Kiezstrukturen, (sub)kulturellen Angeboten und Kleingewerben sowie rasant steigende Obdachlosigkeit. Eben diese Folgen zeigen sich teilweise in dystopischen Ausmaßen bereits in Städten wie San Francisco oder Seattle, wo sich Internetkonzerne wie Amazon, Google, Apple oder Facebook ausgebreitet haben. Anschließend redeten zwei Amazon-Beschäftigte, welche extra aus dem polnischen Poznan und hessischem Bad Hersfeld angereist waren. Sie thematisierten die schlechten Arbeitsbedingungen in Amazons Logistik bzw. Verteilerzentren. Dabei kritisierten sie die unternehmensinternen Überwachungspraktiken, die prekären Beschäftigungsverhältnisse sowie die feindliche Haltung des Unternehmens gegenüber gewerkschaftlicher Organisation. Um die deutschen Streiks zu brechen, habe Amazon extra einen großen Standort in Polen eröffnet, wo 20.000 Menschen prekär für wenig Lohn (rund 4,30€/Stunde) sowie ohne Sonntagszuschlag in langen Schichten arbeiten und viele dafür auch eine weite Anreise in kauf nehmen müssen. Die Menge machte deutlich, dass ein Unternehmen, welches seine Arbeiter:innen drangsaliert, überwacht und dessen Arbeitsverhältnisse an moderne Tagelöhnerei erinnern, in Berlin nicht willkommen ist.

Best of luck today & all power to the people” (Grußbotschaft aus New York)

Nach den eindringlichen Worten der Beschäftigen wurde zum Schluß der Auftaktkundgebung eine Solidaritätsbotschaft von AktivistInnen aus New Yorck City verlesen. Anfang 2019 verhinderte dort eine organisierte und engagierte Nachbarschaft erfolgreich die neue Amazon Firmenzentrale.

“Hi Berlin vs Amazon! This is Queens Neighborhoods United, sending you all the vibes from NYC”

Los geht’s!”

Mit der motivierenden Grußbotschaft aus NYC im Rücken zog die Demo, begleitet von einem übertriebenen Polizeiaufgebot (von rund 300 Einsatzkräften), quer durch den Friedrichshainer Südkiez. Richtung U-Bahnhof Warschauer Straße. In der Rigaerstraße wurde die Demonstration mit buntem Feuerwerk begrüßt und es kam es zu einem ersten kurzen Zwischenstopp. In kurzen Redebeiträgen wurde dabei auf die drohende Räumung des feministischen Hausprojekts Liebigstraße 34 sowie auf den Widerstand gegen das Neubauprojekt der CG-Gruppe in der Rigaer Straße 71 bis 73 hingewiesen und sich mit den dortigen rebellischen Kiezstrukturen solidarisiert.

Die Demonstrationsroute

»Der Tower muss weg!«

Auch während der Demo wurden die verschiedenen Kritikebenen an Amazon in Zusammenhang mit dem Bauprojekt an der Warschauer Straße lautstark und sichtbar zum Ausdruck gebracht. Sprechchöre und Transparente forderten u.a. die Enteignung von marktradikalen Webtech- Unternehmen wie Amazon, AirBnB oder Lieferando und machten somit deutlich, dass Unternehmen, deren Umsatz auf Überwachung, dem kommerziellen Auswerten bzw. Handel mit NutzerInnendaten sowie Steuervermeidungsstrategien beruht, nichts in unseren Kiezen zu suchen haben. Am Rande der Demo kam es immer wieder zu spontanen Solidaritätsbekundungen von Nachbar:Innen sowie Passant:Innen, die den Protestzug von Balkonen grüßten, interessiert Flyer entgegennahmen oder sich spontan der Demonstration anschlossen.


“Amazon als gesellschaftliches Problem begreifen”

Insgemsat wurde durch die Demonstration deutlich, dass der geplante Zuzug Amazons nach Friedrichshain nicht nur aus stadtpolitischer Perspektive extrem problematisch ist. Onlineplattformen, die massenhaft Daten sammeln, diese durch künstliche Intelligenz gestütze Prozesse für deren marktradikale monopolistischen Praktiken ausnutzen und unser alltägliches Handeln beeinflussen, stellen ein gesellschaftliches Problem dar. Der Kampf gegen Amazon in Friedrichshain ist somit auch eine kritische Suche nach Antworten für die großen Fragen bezüglich der zukünftigen Nutzung von Künstlicher Intelligenz und deren Einfluss auf gesellschaftliche Transformationsprozesse: Wem gehören unsere Daten? Zu welchen Zwecken werden diese ausgewertet? Wie können wir verhindern, dass diese nicht kommerziellen Interessen dienen? Was bedeutet eigentlich Selbstbestimmung in Zeiten algorithmisierter Beeinflussung und Künstlicher Intelligenz? Und unter welchen Umständen wollen wir in Zukunft leben und arbeiten?


Der Kampf geht weiter; denn der Tower muss weg!

Die Demo war ein gelunger Auftakt um über den Amazon Edge Tower an der Warschauer Brücke und die damit drohende Verdrängung von Anwohner:nnen zu informieren. Wir werden uns mit weitern Initiativen im Kiez, der Stadt, national und international vernetzen und uns auch weiterhin mit den starken Amazon-Arbeiter:Innen, die ihre Ausbeutung bei dem Konzern nicht hinnehmen, solidarisch zeigen. Für eine wiederständige und lebendige Kiezkultur – denn die Stadt gehört uns!